2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Ja, die Anfänge von In Extremo waren sehr bewegt: Im September 1995 startete ich den Versuch eine Frauenband zu gründen. Die Proben fingen gerade an, als  Micha Anfang Oktober anrief. „Komm mal rüber, wir müssen mal was besprechen.“ Pullarius Furcillo (Micha und Mike Paulenz, auch unter dem Namen Teufel bekannt) spielten  gerade in Frankfurt am Main auf der Zeil.
Ich fuhr also am 11.Oktober nach Frankfurt. Micha erzählte mir, dass Teufel zu Corvus Corax wechseln wollte und sich somit von Pullarius Furcillo trennen würde. Und er fragte mich, ob ich nicht Lust hätte mit ihm was aufzuziehen. Ich erzählte ihm von meiner Frauenband. Da würde er gerne mitspielen, „Wäre doch klasse, ich mit einem Haufen Weiber…“ Ja, diese Idee fand ich auch lustig.
Elisabeth Münz, Christina Mühleck (beides gelernte Oboistinnen), Micha und ich trafen uns genau einmal. Elisabeth ist dann Weiterlesen

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Das Jahr 1996 begann erst einmal ohne größere Aktivitäten, das Rockprojekt war immer noch mehr ein Projekt denn eine wirkliche Band und schlummerte friedlich vor sich hin. Es sollte noch fast ein ganzes Jahr vergehen. Wir standen zwar weiterhin in Kontakt, aber Micha nahm sich erst einmal eine Auszeit und fuhr in den Urlaub. Und danach standen Proben für das Akustikprogramm an, da ja Ostern bereits wieder die neue Mittelaltersaison startete.
Thomas war mittlerweile gar Sänger in einer Coverband namens Heart Of Stone geworden und vertrat Mick Jagger hierzulande ziemlich gut, Reiner werkelte noch immer an seinem Projekt IFOR herum und ich begann noch einmal ein Studium, arbeitete nebenher in einem Jugendprojekt und gab die letzten Konzerte mit Church of Confidence. Mein Ende bei dieser Band war abzusehen, denn es hatte Weiterlesen

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Oktober 1995, Frankfurt auf der Zeil, am frühen Abend beim Italiener. Mir gegenüber sitzt Micha Rhein. Damals mit schulterlangem naturbraunem Haar, was sich noch des Öfteren ändern sollte:“ Nee weest’e, Conny war hier, die macht ‘ne Weiberband auf, da mach ich mit.“ Auf meinen fassungslos stummen  fragenden Blick hin präzisierend: „Mit der Davul, schön Schwerterkiste, Puppenspiel, volles Programm, wa?“ Jetzt erst recht wortloses Staunen meinerseits.
Warum? Nun für mich gehörte Micha immer in die Abteilung „Pheromonsmog“.
Als 1989 das Hämmern der Mauerspechte durch die Republik schallte, wurde auch auf unseren Veranstaltungen bald eine neue Klangfarbe laut und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Zornige junge Männer mit gigantischen Dudelsäcken, den sogenannten A-Säcken waren allenthalben zu hören, für Ohren, welche die Sackpfeifergruppe der Nürnberger Schelmbart-Gesellschaft bereits als außergewöhnlich ekstatisch empfanden, eine wahre Höllenfahrt.  Ihre „Musik“ und die Art und Weise wie sie dargeboten wurde sorgte dafür, dass Weiterlesen

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Es gibt in Deutschland mittlerweile ja viele diesen mittelalterlichen Kneipen, in denen man als Spielmann an den Wochenenden und ganz besonders in der Weihnachtszeit, seinen Geldbeutel etwas aufbessern kann. Das Volk wird hier beim Fressen und Saufen von Spielmännern mit viel Musik und Scharlatanerie bis hin zur Gesichtslähmung belustigt – jedenfalls war das bei uns an der Tagesordnung.
1996 gab es in Dresden zwei dieser  Einrichtungen: Das Anno Domini in Klotzsche und den Zarenkeller in Dresden-Ost. Der Zarenkeller, unter der Leitung von Mirco Meinel, untersagte zur damaligen Zeit allen Musikern jegliche Auftritte im Anno Domini – wenn sie im Zarenkeller auftreten wollten. Uns war diese Regelung einfach zu bescheuert und auch völlig egal, wir spielten jedenfalls Weiterlesen

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Ende Januar 1997 war es dann so weit: Die Rockband wurde ins Studio gerufen. Viel Zeit hatten wir ja nicht, wenn ich mich recht erinnere war es kaum mehr als ein langes Wochenende – doch das musste eben reichen. „Der Galgen“, „Como Poden“, „Mariae Wuergen“ (die Schreibweise war ein kleiner Spaß), „Rotes Haar“ und „Ai Vis Lo Lop“ wurden schließlich auf  eine Maxi-CD gepresst, „Como Poden“ und „Villemann Og Magnhild“ landeten als Bonus mit auf der „Goldenen“. Unserer Tradition folgend, es mit der Tradition nicht ganz so ernst zu nehmen, landete auf eben jener „Goldenen“ auch ein Track namens „Schaf ödä nix schaf“, der es bis heute auch schon auf so einige Mittelalter-Sampler geschafft hat. Viele der ernsthaften und traditionellen Mittelaltermusiker hassten uns für unseren oftmals recht lockeren Umgang mit der Geschichte (und ich denke, das tun sie wohl immer noch!) – uns war und ist es jedoch völlig egal. Doch um das Ganze aufzulösen: Weiterlesen

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Ungefähr tausend Jahre muss es her sein, dass ich in der Schule eine glatte Sechs bekam, weil meine Meinung zu einem Hörbeispiel des promovierten Lehrers die war, dass es sich wohl definitiv nicht um Musik handeln könne. Was wir uns da anhörten waren sehr expressionistische Beispiele phonetischer Äußerung: Schreibmaschinen, Webmaschinen, Druckmaschinen und wer weiß was noch alles klapperten einem imaginären Takt und kaum zu erfassenden Tempi folgend. Die Erschaffenden hielten die Zusammenstellung dudengerecht schon für Kompositionen, der Lehrer auch, ich nicht. Nun wird man älter, erfahrener und das eine oder andere Mal wird man auch opportunistischer. Niemals mehr würde ich behaupten, dieses oder jenes wäre keine Musik. Es  gibt eben feine Unterschiede und nicht zuletzt drückt solche Möglichkeit der Interpretation der Satz „es ist Musik in meinen Ohren“ aus. Nie beginnt etwas an genau einem Ort zu genau diesem Zeitpunkt. Alles hat fließende Übergänge und Vorstadien, ohne die neue Zustände und Entwicklungen nicht denkbar sind.
Im Falle von In Extremo spielen Berlin und die Teilung, die Wende und Weiterlesen

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Am Vormittag des 29.3.1997 ging es schließlich, mit unseren uralten orangen Tausend Tonnen Obst-Punk-Bluesmobil der Marke Ford Transit, nach Leipzig. Es war saukalt und kurz nach der Überquerung der Elbebrücke begann es sogar noch zu schneien. Auf den restlichen Kilometern in Richtung Leipzig grinsten wir uns nur noch fragend an: Na, das konnte ja ´ne schöne Premiere werden – wir im Schneesturm mit unseren kurzärmligen Kosmonauten-Anzügen, noch dazu noch mit E-Gitarren bewaffnet, auf einem mittelalterlichen Markt! Wir hätten uns eigentlich keinen glänzenderen Karrierestart wünschen können…

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Im Sommer des Jahres 1996 begoss man im Sachsenstädtchen Delitzsch mit Sekt ein neues Mitglied in der Spielmannscombo In Extremo. Bis dahin spielte das Trio (Flex, Py und Einhorn) des Öfteren unter der heraldischen Marktleitung eines Herrn Sen Pusterbalg und musste sich den Ermahnungen des recht strengen Ordnungshüters unterwerfen. Nichtsdestotrotz ließen sich die Drei nicht entmutigen und man sann danach, sich den Peinigungen zu entziehen. Es kam zur folgerichtigen Entscheidung, die Einverleibung des geborenen „Westsacks“ Sen Pusterbacke zu beschließen. Es folgten einige Muggen in der Viererbesetzung.
Im Spätherbst ´96 erhielt ich einen Telefonanruf von Micha, was von der Idee zu halten sei, zusammen mit seinen alten Rockkollegen ein Projekt anzuschieben – „Middle Ages meets Rock“. Für die Osterveranstaltung auf dem Leipziger Markt planten drei Mittelalter-Veranstalter, etwas Besonderes zu installieren. „Heureka“ baute seine Palisadenburg, Micha Wolf sein Badehaus und Johannes Fogelvrei war als Weiterlesen