Eine kleine Geschichte aus Dresdner Mittelalterkneipen – vom Letzten Einhorn

2. Kapitel: 1995 – 1997: In Ewigkeit: A -Moll

Es gibt in Deutschland mittlerweile ja viele diesen mittelalterlichen Kneipen, in denen man als Spielmann an den Wochenenden und ganz besonders in der Weihnachtszeit, seinen Geldbeutel etwas aufbessern kann. Das Volk wird hier beim Fressen und Saufen von Spielmännern mit viel Musik und Scharlatanerie bis hin zur Gesichtslähmung belustigt – jedenfalls war das bei uns an der Tagesordnung.
1996 gab es in Dresden zwei dieser  Einrichtungen: Das Anno Domini in Klotzsche und den Zarenkeller in Dresden-Ost. Der Zarenkeller, unter der Leitung von Mirco Meinel, untersagte zur damaligen Zeit allen Musikern jegliche Auftritte im Anno Domini – wenn sie im Zarenkeller auftreten wollten. Uns war diese Regelung einfach zu bescheuert und auch völlig egal, wir spielten jedenfalls an beiden Orten! Und merkwürdigerweise gab es bei uns auch niemals Stress, denn die Veranstalter wussten, wenn In Extremo in der Stadt waren kamen auch die Leute…
Im Herbst sollten wir wieder einmal im Anno Domini spielen: Dr. Pymonte, Flex und ich. Wir kamen direkt aus Erfurt, wo wir am Tag zuvor aufgetreten waren und wollten erstmal was essen gehen. Also fuhren wir großkotzig im Chevy Kombi vor den Zarenkeller und gingen hinein. Drinnen waren bereits ein paar Kellnerinnen mit den Vorbereitungen für den Abend beschäftigt: „Wo wollt ihr denn hin? Hier ist heute Abend eine geschlossene Gesellschaft. Der Chef ist noch nicht da! Raus jetzt!“ Ich sagte, wir wären die Band, die heute Abend hier spielen würde und wir würden gerne etwas essen und trinken, bevor wir die Schlüssel für die Zimmer in Empfang nehmen würden.
Wir aßen und tranken fürstlich und bestellten noch Nachtisch und Kaffee. Nach dem Essen verkündete Pymonte den Kellnerinnen, dass wir nur noch unsere Sachen aus dem Auto laden müssten, bevor wir auf unsere Zimmer gehen würden. Die Rechnung gehe auf den Chef, die Versorgung wäre immer frei, wenn In Extremo auftreten würden!
Wir stiegen also ins Auto und fuhren weiter ins Anno Domini, wo wir heute ja noch auftreten sollten. Wir hatten jedenfalls einen wunderbaren Abend.
Am nächsten Tag hatte ich eine SMS von Mirco auf dem Handy: „Ihr Schweine braucht nie wieder bei mir ankommen!“ Daraufhin rief ich ihn an und sagte: „Hey Mirco, das ist spielmännisch und das musst du schon abkönnen, wenn du eine Mittelalterkneipe führst und dich mit Spielmännern abgibst! Wir spielen wieder bei dir und trinken einen auf den kleinen Schabernack!“ Okay, Mirco war anschließend sogar noch froh, dass wir nicht auch noch seine neuen Kellnerinnen mit ins Anno Domini entführt hätten.
Zwei Wochen später spielten wir wieder im Zarenkeller und im Anno Domini, brachten beide Veranstalter an einen Tisch und amüsierten uns gemeinsam  über den gelungenen Streich. Wir stehen noch heute in Kontakt zu den Beiden. PS: Die Spielleute, die am besagten Abend im Zarenkeller auftreten sollten, mögen uns verzeihen. Doch uns jedenfalls hat es geschmeckt!

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