Spielmannsfluch
Vorwort

Während der Aufnahmen zu unserer CD „Sieben“, die im September 2003 erschien, hatte ich plötzlich viel Zeit. Die Songs waren im Prinzip fertig, wir feilten noch an den letzten Details und hatten bereits mit den Schlagzeugaufnahmen begonnen, da fiel mir eine Idee wieder ein, welche ich die ganze Zeit schon mit mir herumtrug. Ich schrieb seit Jahren die Tourtagebücher für In Extremo, wie wäre es, wenn ich sie in Buchform bringen und veröffentlichen würde? Die Idee nahm Gestalt an, ich stellte alles zusammen und merkte schließlich, dass mir das Ergebnis nicht gefiel, schließlich konnte man die Tagebücher auch auf unserer Homepage finden.

Warum also nicht gleich eine richtige Biografie über die Band schreiben? Wer konnte das besser, als ein Bandmitglied? Warum nicht die Vorgeschichte erzählen? Wir hatten schließlich so viel zusammen erlebt, das sollte für mehrere Bücher reichen. Ich machte mich an die Arbeit und hatte Spaß daran. Um das Ganze etwas aufzulockern, fragte ich Freunde und Wegbegleiter, ob sie nicht Lust auf einen Gastbeitrag hätten, um auch ein paar andere Gedanken mit aufzunehmen. So kam eins schließlich aufs andere und das Buch wurde dicker und dicker. Ich hatte die Arbeit daran ganz gehörig unterschätzt und in den letzten Wochen gab es für mich kein anderes Thema mehr, als das Buch pünktlich zu veröffentlichen.
Im November 2003, war es dann endlich so weit. Der „Spielmannsfluch“, 224 Seiten in Hochglanz und im Großformat, mit unzähligen Fotos aus der frühen Geschichte von In Extremo, erschien pünktlich zum Tourbeginn der „Sieben“-Tour.

Ich habe mich dazu entschlossen auf meiner Homepage den Text zu veröffentlichen, ganz ohne Fotos. Doch wer Interesse am kompletten „Spielmannsfluch“ hat, der findet das Buch hier: www.inextremo-fanshop.de.

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

6.10.99, Frankfurt/ M./ Batschkapp
Warum dieser Laden Kult ist kann ich nicht nachvollziehen – das Batschkapp ist ein versiffter, räudiger Laden mit unfreundlichem Personal (den einen oder anderen möchte ich hier mal ausnehmen). Der Fußboden war mit einer speziellen Beschichtung überzogen, die selbst ein Ausgleiten bei starker Trunkenheit verhindert. Selbiger Effekt lässt sich zu Hause experimentell nachempfinden, indem man eine Mischung aus Bier und Cola auf das Linoleum gießt, die Heizung anstellt und 2 Tage wartet. Ein El Dorado für Freeclimber… Ich bin da garantiert nicht zimperlich, solche Läden kenne ich aus Freygang- und Church Of Confidence-Tagen zur Genüge – oder liegt das vielleicht daran, dass wir seit 2 Tagen Testament hinterher fahren? Aber mal im Ernst: Diesem Laden fehlt leider in Frankfurt die Konkurrenz, eigentlich müsste man so was boykottieren!
Den eigentlichen Grund, warum wir unseren Merchandising-Stand lustiger Weise Weiterlesen

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

9.10.99, Bad Salzungen/ Pressenwerk & 10.10.99, Bremen/ Modernes

Heute an unserem vorerst letzten Tourtag (1.Teil) werde ich die beiden letzten Konzerte mal zusammenfassen um das Ganze noch rechtzeitig ans Rock Hard mailen zu können – Die Lutter kann sich nämlich immer noch keinen eigenen Anschluss leisten.
Bad Salzungen wurde das erwartete Inferno – im positiven Sinne. Das Pressenwerk war restlos ausverkauft. Und auch sonst hat sich der Laden zu einer sehr guten Konzertadresse gemausert, Micha und seine Crew haben aus dieser alten Industriehalle wirklich etwas gezaubert. Wenn der neue große Saal im nächsten Jahr öffnet wird hier sicherlich noch öfter die Luft brennen. Ich hoffe, dann auch wieder mit In Extremo.
Heute Morgen um 9.00 Uhr ist unser Gitarrist, Thomas der Münzer, aus unserer Band ausgestiegen! Oder vielmehr: Wir haben ihn  an einer Autobahnraststätte ca. 100 km vor Bremen unbeabsichtigt auf der Toilette sitzen lassen. Substyle erbarmten sich seiner, drehten um und erlösten den Münzer. Weiterlesen

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

Bei der Herbsttour 1999, als das erste Drittel schon vorbei war, wurde mir aus heiterem Himmel plötzlich übel. Magengrippe. Na prima. Bin sofort zum Arzt. Die Diagnose stand fest. Sie sind Musiker? Na dann ist ja alles klar: Drogen, Alkohol, zu viele Zigaretten, zu wenig Sport. Ich versuchte gar nicht, mich zu verteidigen. Aspirin, Vitamine etc. Doch es wurde immer schlimmer. Mir war laufend schwindelig, ich schwitzte wie ein Schwein, kam kaum noch aus der Koje. Dann flog ich nach Berlin. Diagnose Nummer zwei: Ein unbekannter afrikanischer Grippevirus. Noch mehr Aspirin, Antibiotika. Es wurde noch schlimmer. Ich sah immer weniger, alles verschwamm vor meinen Augen. Als ob jemand das Licht ausgeknipst hatte. Konnte nicht mehr schlafen, nicht lesen, nicht essen. Ich versuchte, mir vor den Kollegen nichts anmerken zu lassen. Wurde belächelt über Unmengen von Tee, Weiterlesen

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

Das Wetter in Hamburg fühlt sich wie so oft überhaupt nicht nach Rock´n´Roll an, als unsere Kolonne aus Miet- und Privatwagen die letzten Meter auf die Markthalle zusteuern. Ganz im Gegensatz dazu wir. Heute können wir zum ersten Mal einen noch größeren Schritt als zuvor in unserer zu diesem Zeitpunkt noch jungen Bandkarriere machen. Wie die vielbemühte Jungfrau zum Kind sind wir sehr kurzfristig und überraschend ab heute zur offiziellen Supportband von In Extremo ernannt worden. Wir, die fünf SUBSTYLEr gestehen es hiermit offiziell: unser Leben hatte vorher völlig ohne die Existenz dieser Band oder gar Musikrichtung stattgefunden. Nicht aus Ignoranz oder Abneigung, einfach aus schlichter Unkenntnis. Das sollte sich nun ändern. Vor uns (wissend) ca. 30 Konzerte in Hallen, die wir bis dato nur mit gekauftem Ticket von innen gesehen hatten. Außerdem noch ca. 40 weitere, von denen wir erst später erfahren sollten. Dann auch noch Tourauftakt Hamburg. Wow. Mein persönlicher Favourite, da ich seit vielen Jahren Hamburg als meine heimliche Liebe in mir trage und regelmäßig geilste Abende mit Hamburger Freunden verbracht habe. Z.B. in ebenjener Markthalle. Neurosis live. Unglaublich. Höre nun beim Betreten Weiterlesen

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

4.12.99, Potsdam/ Lindenpark
So, der zweite Teil unserer Herbsttour startete heute in meiner ehemaligen Heimatstadt Potsdam. Alles wie gehabt und doch alles ganz anders! Leider wurde uns unser erstes Konzert, das warming up in Hagen, aus irgendwelchen baupolizeilichen Gründen abgesagt, so dass wir sozusagen in „Berlin-Süd“ ins kalte Wasser springen mussten. Na ja, „kaltes Wasser“ ist vielleicht doch etwas übertrieben, aber zum Aufwärmen fährt jede Band nun doch lieber in die Provinz. Unserem neuen Gitarristen Sebastian wäre ein Debüt fern der Heimat mit Sicherheit auch lieber gewesen… Aber Gott sei Dank ist die endlose Proberei nun fürs erste gegessen und In Extremo können wieder auf der Bühne stehen.
Im Potsdamer Lindenpark sind wir nun bereits das dritte Mal zu Gast gewesen, Flex hatte heute seinen Weiterlesen

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

7.12.99, Halle/ Easy Schorre
Und da war sie endlich, die Genugtuung für diverse Beulen und blaue Flecken des gestrigen Konzertes in Form einer über jeden Zweifel erhabenen Bühne. Diese würde sogar dem Don-Kosaken-Chor zur Ehre gereichen, den Leningrad Cowboys oder dem gemischten Chor der neuapostolischen Kirche aus Leipzig-Wiederitzsch.
Da wir immer noch keinen Link auf unserer eigenen Homepage zu unserer aller Lieblingsband Substyle gebastelt haben, möchte ich das hier in aller Öffentlichkeit nachholen. Also: Publikumsbeschimpfungen, Telefonsex und Seelsorge, windige Immobilienspekulationen, dreckige Witze und Großbestellungen von billigem Büchsenbier ab sofort nur noch unter www.substyle.com.
Busfahrer Carsten überzeugte heute in Halle wieder einmal mehr mit seinem fahrerischen Künsten: rückwärts mit vollbeladenem Anhänger einen Berg hoch Weiterlesen

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

10.12.99, Wilhelmshaven/ Pumpwerk
Eine Stadt wie ausgestorben! Wer soll hier heute abends zum Konzert gehen wollen? Freitagnachmittag, wo man in Berlin vom Prenzlauer Berg nach Pankow mit dem Auto gut und gerne eine Stunde zu tun hat, sind hier die Bürgersteige hochgeklappt, einzig ein alleinerziehender Zigarettenautomat lud trostlos zur Selbstbedienung ein.
Den Chef des Pumpwerkes schien das aber alles nicht weiter zu beunruhigen. Selbst nach dem auf der Bühne beim Soundcheck (!!!) wieder einmal irgendein Vorhang in Flammen aufging und die Feuerwehr anrücken musste, blieb er seltsam gelassen. Bühnenvorhänge aller Art scheinen mit In Extremo ja schon seit jeher in einer mehr als seltsamen Beziehung zu stehen, die sich durch nichts so einfach erklären lässt. Klassische Ansage deshalb auch beim Soundcheck zum Weiterlesen

4.Kapitel: 1999 – Und alles wird ganz anders!

Ja, ja, so hält das Schicksal doch immer wieder mehr oder weniger lustige Überraschungen für das fahrende Volk bereit. Dabei verschont es nicht einmal die Vorgruppe, wie wir (SUBSTYLE), eigentlich schon nach Abschluss der zweiten gemeinsamen Deutschland-Tournee mit In Extremo, erfahren durften.
Nach einem gebrochenem Fuß unseres Gitarristen Heiwi und diversen Viren und Bakterien, die uns nach dem Leben trachteten, war die obligatorische Polizeikontrolle auf österreichischem Boden kaum der Rede wert.
Nun gut, wir waren der eine oder andere zu viel im Wohnmobil, dafür waren aber auch alle wenigstens total unzurechnungsfähig. Wirklich alle? Nein, ein einsamer kleiner Geiger trotzte wild entschlossen allen promillehaltigen Versuchungen um seine Freunde und Kollegen sicher durch die Nacht Richtung Heimat zu fahren.
Zum Glück war ich dann auch so ziemlich der Einzige, der nach dem unfreiwilligen Stop Weiterlesen